Fast fünf Wochen Australien, knapp 7500 Kilometer im Auto von Perth über Adelaide nach Alice Springs: Zeit für eine erste Bilanz.

Was mich beeindruckt hat: die unendliche Weite dieses Landes und die Entspanntheit, mit der man hier große Entfernungen mit dem Auto zurücklegen kann.
Wer mich beeindruckt hat: Die Australier insgesamt, weil sie so locker und entspannt, hilfsbereit und aufgeschlossen sind. Man kommt hier wirklich an jeder Ecke völlig unproblematisch in ein lockeres Gespräch. Gerade in Perth scheinen sie es zu schaffen, aus jedem Tag etwas Schönes herauszuholen. Dazu gehört auch, wie unempfindlich einige Australier (Männer wie Frauen) gegenüber für uns simpelsten Grundregeln von Kleidungsstil sind. Hier laufen Männer rum, deren T-Shirt-Kurze-Hose-Kombination nur der Tatsache geschuldet sein kann, dass die Sachen eben gerade oben im Stapel lagen. Dafür trägt allerdings hier keiner Socken zu Sandalen. Und Frauen, die sich auch unter der Woche abends für den Gang in die Dorfkneipe volles Rohr aufbrezeln. Und dabei gilt dann: Je enger die Polyester-Pelle, desto besser. Körperliche Attribute werden dann mit größter Inbrunst präsentiert, egal ob sie präsentabel sind oder nicht. Ehrlich, in manchen Fällen dachte ich mir, dass die das entweder ironisch meinen oder eine Wette verloren haben.
Wovor ich anfangs Bammel hatte: Vor dem Linksverkehr, gerade zu Beginn in einer Millionenstadt wie Perth. Nach nichtmal fünf Minuten war das aber schon erledigt, und spätestens im ersten Kreisverkehr läuft’s – wenn man tatsächlich linksrum reinfährt. Und auch davor, wie es wohl wieder ist, sich treiben zu lassen, sich um Unterkünfte und die täglichen Dinge des Bedarfs in immer neuen Umgebungen zu kümmern. Auch das aber war nach wenigen Tagen ganz selbstverständlich und fühlt sich schnell großartig an.

Wo es mir besonders gut gefallen hat: In Fremantle, auf Rottnest Island, in der Lucky Bay und im Flinders Ranges Nationalpark.
Wo es nicht so schön war: Vom Fitzgerald River National Park hatte ich mir mehr versprochen, wobei das auch der einzige Ort war, wo es geregnet hat. Alice Springs hat – das war aber vorher klar – nicht viel zu bieten. Das Kings Canyon Resort war insgesamt enttäuschend.
Welche Biersorten okay sind: Mein erstes Bier in Australien war auch gleich für die folgenden Wochen das Bier meiner Wahl: Victoria Bitter, kurz VB. Das lässt sich gut trinken, ist ein bisschen herber. Durch andere habe ich mich nicht groß durchprobiert. Ihr wisst ja, wie das ist: wieso rumhampeln, wenn einmal eins schmeckt. An Biersorten mangelt es hier allerdings nicht. Und in jeder Pinte bekommt man mindestens vier verschiedene Sorten eiskalt vom Hahn, das ist schon angenehm. Besser sind eigentlich nur noch Weintrinker gestellt. Selbst in der letzten Kaschemme im Nirgendwo gibt es hier üppige Weinkarten mit diversen Sorten. Insgesamt saufen sie ganz gerne, die Australier, was ja kein Nachteil ist.
Was eine besondere Erfahrung war: Der Sonnenuntergang am Uluru und die Nacht auf einem fast leeren Campingplatz am Ormiston Gorge unter einem spektakulärem Sternenhimmel. Ebenso die Fahrt durchs menschenleere Outback über den Oodnadatta Track.
Wofür ich dankbar bin: Für die zwei Wochen, in denen ich mal wieder mit Fabian reisen durfte. 18 Jahre nach unserem Rucksack-Trip durch Südostasien fühlte sich das immer noch so unkompliziert und konfliktfrei an wie damals. Und wir sehen ja auch immer noch so gut aus wie früher. Einziger Unterschied: Mit meinem Rücken kann ich echt nicht mehr auf Luftmatratzen pennen.

Was mich nachdenklich gemacht hat: Vor allem das Leben der Aborigines in Alice Springs. Bei einem nicht geringen Teil scheint das weitgehend von Alkohol geprägt zu sein, so dass Gruppen von perspektiv- und antriebslos wirkenden Leuten das Stadtbild mitbestimmen. Schon nachmittags sind nicht wenige (Frauen sogar noch mehr als Männer) schon so voll, dass sie sich kaum auf den Beinen halten können. Und dann spielen sich eine Reihe unschöner Szenen ab, in denen Leute mit solch einer Dramatik und Hysterie aufeinander einschreien, als würden sie eine Blutfehde vom Zaun brechen wollen. Das wirkt schon sehr traurig.
Und: Ich habe noch nie so viele tote Wildtiere entlang der Straßen gesehen wie hier in Australien. Vor allem entlang der rund 1500 Kilometer entlang der A1 zwischen Esperance und Port Augusta liegt streckenweise alle 100 Meter ein totes Känguruh. Die meisten werden wohl von Road-Trains erwischt worden sein, den bis zu 32 Meter langen Riesen-Sattelzügen mit zwei Anhängern. Die wiegen dann gut 90 bis 100 Tonnen, rauschen mit über 100 km/h über den Highway und können deshalb nicht mal den Versuch wagen, zu bremsen. Uns ist ein Unfall da gottseidank erspart geblieben.
Was sich besonders bezahlt gemacht hat: Das Fliegennetz für den Kopf rangiert hier unangefochten an Platz eins. Im Outback schwirren die Fliegen einem von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang um den Kopf herum. Das ist manchmal wirklich hochgradig nervig. Besonders viele waren’s am Fitzgerald River (wo sie nach Sonnenuntergang zu allem Überfluss von diversen Mückenvölkern abgelöst wurden) und am Kings Canyon. Das Fliegennetz, zu dem mir ein Pärchen aus Melbourne in den Flinders Ranges geraten hat, ist da schon Gold und erst seine schlappen acht Dollar wert. Nach zwei Wochen auf einer halb aufgepumpten Luftmatratze habe ich mir außerdem ein Feldbett gekauft. Auch das war jeden Cent der 100 Australien-Dollar wert. Und für die endlos langen Autofahrten: Spotify mit seinem üppigen Fundus an Hörbüchern. Wichtig: die Hörbücher vorher herunterladen, weil man abseits der Ortschaften hier keinen Empfang hat – und die Ortschaften liegen hier mitunter ein paar Hundert Kilometer auseinander.

Fliegen fallen im Outback in Armeestärke über einen her. 
Sieht kacke aus, hilft aber: das Fliegennetz.
Was ich in Erinnerung behalten werde: Viele kleine Momente wie die Sonnenstrahlen, die einen morgens im Zelt wecken und die Kängurus, die mich im Flinders Ranges Nationalpark am Zelteingang begrüßt haben. Oder die Quokkas, die ich auf Rottnest Island gesehen habe. Und die ein oder andere Wanderung, die in den Nationalparks immer großartig ausgeschildert sind und teilweise einfach traumhafte Streckenverläufe haben.
Worauf ich gerne verzichtet hätte: Neben den Fliegen der bretthart verspannte untere Rücken, wegen dem ich in Alice Springs bei einer sehr hilfreichen Physiotherapeutin war. Man wird eben nicht jünger.
Was ich anders machen würde: Der Toyota Hilux war für lange Fahrten angenehm, insgesamt aber nicht nötig. Zumal die paar Gelegenheiten, bei denen Allrad angezeigt war, überschaubar waren. Einzige Ausnahme: der Oodnadatta-Track. Ansonsten aber würde ich eher einen kleineren Camper nehmen, in dem man auch schlafen kann. Das Auf- und Abbauen des Zeltes wird irgendwann doch lästig, obwohl es eine einfache Konstruktion war. Der Hilux hat außerdem den Nachteil, dass er viel Sprit verbraucht (ca. 10 Liter Diesel auf 100 km) und dazu mit 60 Liter einen viel zu kleinen Tank hat. Und gerade im Outback geht das Tanken sehr ins Geld, für Diesel habe ich bis zu 2,40 Dollar pro Liter bezahlt, das sind etwa 1,60 Euro. Der Fokus auf Campingplätze ist bei so einer langen Reise dennoch unerlässlich, weil Hostels oder andere Unterkünfte auf Dauer ziemlich teuer sind. Selbst für einen Campingplatz-Stellplatz ohne Strom zahlt man in einigen Gegenden 30 Euro die Nacht. Ein Hostelzimmer bekommt man kaum unter 50 Euro.

Quokka auf Rottnest Island 
Morgens in den Flinders Ranges 
Besuch am Zelt 


Buckelwale in der Nähe von Margaret River 
Sonnenuntergang über den Olgas (rechts im Bild)
Was als Nächstes ansteht: Das Meer, der Pazifik! Von Alice Springs fliege ich nach Brisbane, wo ich mir einen kleinen Camper gemietet habe und einen Monat lang die Küste von Queensland rauf und wieder runter fahre. Das Ziel nach vier Wochen: Sydney.





Richtig cool, mein Freund.
Bin sehr gespannt auf mehr Lesestoff und neugierig, wo es Dich noch so hinverschlägt.
Hallo Sven,
das kann ich mir denken, dass Sie
die Zeit mit Ihrem Freund besonders
genossen haben. Mit einem
vertrauten Menschen an der Seite erlebt man all die tollen Eindrücke
noch intensiver. Eine langjährige Freundschaft ist etwas sehr Kostbares.
Den Aborigines ist großes Unrecht angetan worden. Das ist sehr, sehr traurig.
Lieben Gruß aus Wulfen