Auf dem Oodnadatta-Track durchs Outback

Die kürzeste Route vom Flinders Ranges National Park in Richtung Uluru ist eine unbefestigte Schotterpiste, die sich über 600 Kilometer durch Wüste und Geröll windet. Sie ist einer der Gründe, warum ich mir für die lange Reise von Perth bis Alice Springs einen Allradwagen gemietet habe. Man kann natürlich auch einen Umweg über den Highway fahren, den Tempomat auf 110 und die Optik auf Unendlich stellen, aber hey: Allein schon der Name. Oodnadatta-Track. Wer würde da nicht… eben! Zu einer Reise ins Outback gehört unbedingt auch eine solche Tour über unbefestigte Pisten.

Der Oodnadatta-Track führt über 600 Kilometer von Marree bis Marla. Unterbrochen wird die endlose Einsamkeit nur durch zwei Stationen: William Creek und eben Oodnadatta.

Schon kurz hinter Marree zeigt sich das Outback von seiner harten Seite. Die Temperatur erreicht 41 Grad, so dass auch die Klimaanlage schwer zu ackern hat. Dazu bläst von Osten ein ordentlicher Sandsturm. Der behindert zwar nicht die Sicht, schickt aber immer wieder Windhosen und Sandschleier über die Fahrbahn. Wie heftig der Wind ist, merke ich erst, als ich zwischendurch mal anhalte, weil ich die grenzenlose Einsamkeit auf mich wirken lassen will. Der Wind presst sich mit solcher Kraft gegen die Tür, so dass ich den Wagen erst wenden muss, um mit dem Wind auszusteigen. Lange hält man es draußen aber nicht aus, weil der Sand jeden freien Zentimeter Haut mit tausend Nadelstichen traktiert. Dazu hat man beim Atmen das Gefühl, Luft aus einem Fön zu saugen.

Umso mehr bin ich einigermaßen beeindruckt, wenn ich an die Ruinen von Häusern denke, die selbst in dieser unwirtlichen Gegend neben der Piste stehen. Der Oodnadatta-Track, so war in Marree zu lesen, war einst Teil einer Karawanen-Route, auf der Waren mit Kamelen transportiert wurden. Und entlang dieser Route gab es eben auch Stationen, an denen die Karawanen Halt machen konnten. In anderen Ruinen hausten Arbeiter zur Zeit des Eisenbahnbaus. Der „Ghan„, ein legendärer Zug, der Australien von Nord nach Süd durchquert, führte hier auf seiner alten Trasse entlang. Die Neue verläuft heute meist in Sichtweite des Highway 87, der westlich des Oodnadatta-Tracks verläuft und den man über 3000 Kilometer von Adelaide nach Darwin fahren kann, ohne einmal abbiegen zu müssen – außer zum Tanken.

Die wenigen Siedlungen auf der Strecke sind wie Oasen, die die Touristen auf der Strecke – von anderen wird der Track so gut wie nicht genutzt – mit einem Schlafplatz, Benzin, kaltem Bier und, wenn nötig, neuen Reifen empfangen. Ich habe mir zwischendurch schon mal gedacht, dass es nicht unbedingt riesig wäre, wenn mir einer der kleinen und großen Steine auf der Piste einen Reifen aufreißen würde, aber zum Glück bin ich davon verschont geblieben.

Übernachtet habe ich in William Creek. Beim Namen dachte ich an ein Kaff im Outback mit sieben oder acht Einwohnern, einem rostig-quietschenden Windrad und einem einsilbig antwortenden Hinterwäldler, der zur Begrüßung aus seinem Schaukelstuhl von der Veranda in den Staub rotzt und mir dann ein kaltes Bier und ein Stück von einem kürzlich erlegten Känguruh anbietet. Tatsächlich ist William Creek eine Kombination aus Motel, Campingplatz und Tankstelle, in dessen Bar ein Pärchen aus Uruguay ein Dutzend Biersorten inklusive Wernesgrüner ausschenkt, man sogar Meeresfrüchte zu essen bekommt und dann mit zwei Australiern an einem Tisch landet, von denen sich der eine als großer Bewunderer von Martin Heidegger vorstellt.

Steven und Marc sind zwei Brüder aus der Gegend um Adelaide, beide irgendwo Ende 50, und sie wollten mal wieder zusammen ins Outback. Steven wollte einen Rundflug machen, Marc hat hier draußen vor 30 Jahren mal als Polizist gearbeitet. Ein Job, den ich mir bei diesen Entfernungen und den wenigen Menschen einigermaßen langmütig vorstelle. Es war ein witziger Abend mit den beiden, Steven will unbedingt mal nach Deutschland, um auf den Spuren von Heidegger Freiburg und – man glaubt es ja kaum – dessen Geburtsstadt Meßkirch zu besuchen. Abgerundet wurde der Abend von einem Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen, den ersten in dieser Heftigkeit seit mehreren Jahren.

Vor Sonnenaufgang bin ich dann wieder losgefahren, weshalb ich mit einem Sonnenaufgang über dem Outback belohnt wurde. Einer von vielen Momenten auf diesem Track, die ich als sehr besonders empfunden habe. Diese Weite dieses unglaublichen Kontinents ist mir hier vielleicht erst richtig bewusst geworden. Auch wenn die Fahrt als solche einigermaßen eintönig ist, weil links und rechts von einem nichts ist und noch weniger passiert, ist der Oodnadatta-Track doch ein schönes Stück Abenteuer. Unter den vielen Abenteuerpisten in Australien gilt er verständlicherweise als Einsteiger-Route, weil man hier keine Hänge hoch- oder runterfahren und keine Flüsse überqueren muss. Die Strecke kann man ganz bequem fahren, wenn man sich auf ein paar Überraschungen nach der einen oder anderen Kuppe gefasst macht. Viel mehr als einige Schlaglöcher und ein bisschen Geröll hat man hier aber nicht zu bezwingen.

Eine gute Übersicht über den Oodnadatta-Track und andere Ziele im Outback findet man unter anderem hier.

2 Antworten auf „Auf dem Oodnadatta-Track durchs Outback“

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