Brisbane und die Life-Life-Balance

Ich muss schon sagen, die australische Lebensart gefällt mir immer mehr. Wobei klar ist, dass Lebensart und Lebensumfeld untrennbar miteinander verbunden sind. Denn natürlich schlendert man leichter mit einem Lächeln und einem „wie geht’s?“ auf den Lippen bei 30 Grad durch einen tropischen Park als bei eineinhalb Grad und Nieselregen unter kahlen Bäumen. Insofern sind die Australier in erster Linie deshalb scheinbar ständig so gut drauf, weil sie sich für ihre Nation einfach einen fantastischen Platz ausgesucht haben.

Aber: Sie ziehen aus diesen Vorzügen auch die richtigen Schlüsse. Das kann man in Perth schon sehr gut sehen, Brisbane aber ist noch ein bisschen typischer für die australische Art zu leben. Brisbane ist wuselig, ist geschäftig und im Kern der Prototyp einer westlichen Millionenstadt. Perth dagegen ist die entspannteste Großstadt, die ich bisher gesehen habe. In Brisbane pulsiert das Leben dagegen, und das spürt man allen Ecken und Enden. Die Kunst der Australier besteht vor allem darin, wunderbare Ruhezonen in dieser Hektik zu schaffen und sie zu jeder sich bietenden Gelegenheit vollauf zu genießen.

In den Southbank Parklands gibt es Schwimmbecken, die man kostenlos nutzen kann gegenüber der Skyline der Innenstadt.

Da sind zum einen die Parks. Die Botanic Gardens am südlichen Zipfel der Innenstadt, das tropische Roma Street Parkland auf der anderen Seite der Hochhäuser, die Southbank Parklands oder die vielen anderen Parks, die sich entlang des Flusses verteilen, des Brisbane River. Allesamt perfekt gepflegt und schön durchdachte Oasen, in denen man sich auf eine Bank setzen und den Tag einfach genießen kann. Typisch für dieses Lebensgefühl sind wohl in erster Linie die Southbank Parklands mit kostenlosen Schwimmbecken direkt neben dem Fluss, vielen Bars und Cafés, einem Riesenrad, Jogging- und Radstrecken. Ein Paradies mitten in der Großstadt, wenngleich ziemlich trubelig selbst an Wochentagen. Da habe ich mich schon das eine oder andere mal gefragt, ob die vielen Jugendlichen beim Schwimmen, auf Skateboards und Fahrrädern wohl alle schulfrei haben…

Ich bin in den vier Tagen in Brisbane über 60 Kilometer durch die Stadt gelaufen, habe mir diverse Wohnviertel und Parks angesehen. Anfangs war sie mir ein bisschen zu voll, zu hektisch, was aber wohl damit zu tun hatte, dass ich vorher einen Monat lang durch zum Teil menschenleeres Gebiet gereist bin. Nach zwei, drei Tagen war ich ein Fan von Brisbane. Vor allem die Stadtviertel entlang des Flusses, der zugleich eine klug genutzte Hauptverkehrsader der Stadt ist, haben es mir angetan. Weil sie diesen Mix aus Geschäftigkeit und extrem hohem Freizeitwert haben, den man so auf der Welt in kaum einem anderen Land finden dürfte. Allerdings frage ich mich ernsthaft, wie das hier mit der viel zitierten Work-Life-Balance funktionieren soll? Ich hätte ehrlich gesagt wenig Bock auf den Work-Teil und war deshalb froh, mich aufs Life konzentieren zu können.

Tipps für Reisende nach Brisbane

Generell: Brisbane wird häufig als Reiseziel unterschätzt, weil sich alle auf Sydney und Melbourne konzentrieren. Die Australier sagen aber, Brisbane steht den beiden in nichts nach, und: hier ist das Wetter definitiv das ganze Jahr über besser. In der Upper Roma Street gibt es eine Reihe von sehr anständigen Backpacker Hostels. Ich habe im YHA übernachtet, was kein Fehler war, allein aufgrund der unglaublichen Aussicht von der Rooftop-Bar aus. Für ein Doppelzimmer ohne eigenes Bad habe ich 80 Dollar pro Nacht bezahlt, also etwa 50 Euro. Den Ausblick bieten benachbarte Hostels auch, preislich tun sie sich hier alle nicht viel. Das YHA hat den Vorteil, dass es kein Party-Hostel ist und darauf geachtet wird, dass nachts nicht besoffen herumgekeift wird.

Die Hostels liegen einen knappen Kilometer vom Bahnhof Roma Street entfernt, den man direkt per Zug vom Flughafen aus erreichen kann. Zu Fuß ist man in einer Viertelstunde im Zentrum. Ein paar nette Bars und Restaurants gibt es ebenso wie einen Supermarkt nur 100 Meter vom Hostel entfernt. Das Lord Alfred’s fand ich ganz cool, sowohl zum Essen als auch als Bar.

Da hatte ich mit ein paar Australiern einen überragenden Abend, nachdem ein Anwalt beim Pferderennen aus 100 Dollar 15.000 gemacht hatte. Das Pferd, auf das er nach dem Rat seiner Frau gesetzt hatte, hieß Sausage, also Wurst. Drei australische Fußballfans (eine sehr rare Gattung) und ich hatten danach den Abend über frei saufen weil wir zufällig dabei waren. Zu guter Letzt war er so voll, dass er vom Hocker gekippt ist und seine Schwiegermutter angeschrien hat, warum sie sich denn nicht für ihn freut. Er war aber eigentlich ein sehr netter Kerl und hat jeden zum Abschied ungefähr zwölf Mal umarmt.

2 Antworten auf „Brisbane und die Life-Life-Balance“

  1. Moin Svenni,
    sitzen alle vorm Bildschirm und freuen uns deinen Bericht zu lesen.
    Ehrlich gesagt machen wir es zum ersten Mal. Doch mit Sicherheit nicht zum letzten Mal. Deine Seite ist jetzt in den Favoriten gespeichert. Wir wünschen dir weiterhin sehr viel Spaß.
    Liebe Grüße aus dem Pott.
    Die sechs Gö’s

  2. So bin wieder up to date, deine Berichte ziehen einen richtig ins Land, lieber Sven. Während Fabian wieder in der Weltgeschichte rumturnt, chille ich bei Dauerregen, 5 Grad auf unserem unbequemen Sofa.
    Weiter viel Spaß und tolle Erlebnisse, die Sausage hat mir gefallen!
    Alaaf
    Dani

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